Sie treten aus der Bahnhofshalle, überqueren die Straße – und sehen Weiß. Sie gehen und stehen auf Marmor. Sie schlendern durch die Fußgängerzone – auf Marmor. Sie machen Halt auf der Piazza delle Erbe zwischen den Marktständen, und wieder stehen Sie auf weißem, grauem und rosafarbenen Marmor. Bürgersteige, Mauerwerk, Gebäude oder Hausfassaden, Statuen sind aus Marmor. Im Stadtzentrum finden sich auch eine Reihe moderner Kunstobjekte in Grau, Weiß, Rot, Schwarz. Versehen mit dem Label „Marmomacc & the City“ werben sie für die Marmomacc, die weltweit bedeutendste Messe für Marmor und Granit.
Sie denken, ich bin in Carrara? Nein, wir befinden uns in Verona. Verona ist seit Jahrhunderten eine Hochburg des Marmors und ein Zentrum der Marmorbearbeitung. Kein Wunder also, dass jedes Jahr Ende September die Messe Marmomacc hier stattfindet, im Web zu finden unter marmomacc.com.
Yes, with stone you can
Wenn Sie sich nun aufmachen in Richtung Messe Marmomacc, was sehen Sie? Richtig! Marmor! Weißen, roten, blauen, schwarzen Marmor. Sie finden allerdings nicht nur Marmor. Für den Verkauf in Szene gesetzt stehen hier auch Granite, Rhyolithe, Labradorite, Travertin, normale Kalksteine und viele andere Steine und Gesteine. Natürlich gibt es auch die passenden Anlagen und Maschinen dazu. Schließlich müssen die tonnenschweren Stücke aus nahen und fernen Steinbrüchen ja gebrochen, gefördert, transportiert, geschnitten, gesägt, gespalten, geschliffen, geformt, poliert und graviert werden. An einem Stand wurde deshalb passend das offizielle Messe-Motto etwas abgewandelt: With stone we can.
Marmor und Maschinen aus der ganzen Welt
Händler, Bauunternehmer, Architekten, Künstler, Maschinenbauer, Gesteinsverarbeiter sind hier als Besucher unterwegs. Ein wenig polyglott sollten Sie sein, wenn Sie die Messe besuchen. Hier geht es sehr international zu. Die Gesteine und ihre Anbieter kommen aus der ganzen Welt. Maurizio Danese, der Präsident der Messe Veronas, verkündet für 2016 einen Ausstellerrekord: 10% mehr Aussteller aus insgesamt 53 Ländern. Und Giovanni Mantovani, der Messe-Geschäftsführer, meldet 5% mehr ausländische Besucher. Damit sind 60 % aller Besucher aus dem Ausland. Besonders stolz ist Mantovani auf die hohe Besucherzahl aus den USA, aus Deutschland, Spanien und China. Unter den Ausstellern dominieren zwar italienische Anbieter, viele Aussteller kommen allerdings auch aus China, Indien, dem arabischen Raum, der Türkei, aus den USA, Brasilien, aus den verschiedenen europäischen Ländern wie Portugal, Spanien, Griechenland, Großbritannien und anderen Ländern. Deutsche Anbieter findet man eher bei den gesteinsverarbeitenden Maschinen, aber auch hier ist die halbe Welt vertreten.
Ein handfestes Geschäft und phantasievolle Hingucker
Der Handel und die Bearbeitung von Natursteinen ist ein sehr haptisches und handfestes Geschäft. Und so hart, schwer und spröde Steine und Gesteine sein können, so unglaublich sind hier die daraus gefertigten Kunstwerke. Unter der Überschrift „The Italian Stone Theatre“ wird dem Thema Design und Kunst auf der Messe viel Raum gegeben. Im Eingangsbereich und in den ersten Hallen sind Kunstobjekte ausgestellt, vor denen man erstaunt stehen bleibt und sich fragt, wie der Künstler die Detail- und Feinarbeiten wohl gemacht haben mag. Es ist ein phantastisches Zusammenspiel von Stein, Design und Technologie.
Ein Motorrad aus Granit
In 12 Hallen und einer großen Außenfläche wetteifern die Anbieter um die Aufmerksamkeit der Besucher. Angeboten werden Natursteine in allen Farben und Maserungen. Ebenfalls beeindruckend und phantasievoll sind die Standgestaltungen und die Standdekorationen, mit denen die Aussteller auf sich aufmerksam machen: Eine Harley Davidson mit Granitverkleidung, ein Türvorhang aus Gesteinsplättchen, Hüte aus Marmor und Travertin bei MVC Mármores de Alcobaca (www.mvc.pt), bei GALRAO eine Wand voller kunstvoll drapierter Gesteinsplatten. Und vor einer großen hellen Marmorwand spielen schwarz-gekleidete Musiker, um auch akustisch aufzufallen. In den Außenbereichen lagern riesige Quader verschiedenster Gesteine, die auf Käufer warten.
Dr. House auf Stein graviert
Auch bei den Maschinen gibt es mehr, als man so landläufig meint für die Bearbeitung benötigen zu müssen. Neben den großen Exemplaren des Maschinen- und Anlagenbaus gibt es hier zum Beispiel auch einen Gesteinsscanner. Das polnische Unternehmen ABRA (http://abra.pl) stellt Geräte vor, die einerseits Gesteinsmuster scannen können, andererseits aber auch Fotos oder Grafiken einscannt und diese Muster dann auf Gesteine eingraviert. Der Hingucker ist das Foto des amerikanischen Serienstars Dr. House zur Gravur auf Stein.
Und am Ende Ihres Rundgangs geht es Ihnen vielleicht wie mir. Die Tasche mit den gesammelten Informationen ist schwer wie Stein und selbst Beine und Füße fühlen sich wie Marmor an. Und genau da finde ich mein Lieblingsstück am Stand von Travertino Sant´Andrea: Ein einladender Sessel aus Travertin. Vielleicht bleibe ich einfach hier sitzen. Bis zur nächsten Marmomacc Ende September 2017.