Noch brummt es am Bau. Die Bauindustrie ist eine der Branchen, die bisher glimpflich durch die COVID-19-Krise kamen. Die Situation ist jedoch nicht überall gleich. In Teilbereichen, vor allem im Tiefbau, brummt es. Auch anderen Bereichen und Gewerken der Baubranche geht es überwiegend gut. Wer in den letzten Wochen und Monaten versucht hat, für Innenausbau oder Sanitär und Heizung einen Handwerker zu bekommen, musste lange warten. Sie waren nicht krank, sondern ausgebucht. Bauplaner allerdings kämpfen mit Auftragsrückgängen.
Die Bauindustrie: Talsohle oder Hochkonjunktur?
Eine Meldung des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe von Mitte August zur Baukonjunktur lautet: „Talsohle noch nicht durchschritten“. Der ZDB meint, die positiven Daten des Statistischen Bundesamtes, nämlich die Zunahme der Order im Juni im Bauhauptgewerbe um gut 9 %, kämen durch einen Großauftrag im Tiefbau zustande. Im Wirtschaftsbau sei die Lage eher schlecht. Viele Bauunternehmen konnten jedoch ihre Umsätze deutlich erhöhen. Allerdings werden wohl aktuell noch immer alte Auftragsbestände abgearbeitet. Noch ist unklar, wie sich Neuplanungen und Neuinvestitionen entwickeln werden.
Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbandes Deutsches Baugewerbe, erklärt: „Es ist natürlich erfreulich, wenn die Signale vom Markt nun wieder positiv erscheinen. Hierbei handelt es sich allerdings um eine deutliche Überzeichnung der Nachfrageentwicklung. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist der Auftragseingang im Juni durch den Zugang eines Straßenbau-Großprojektes geprägt. Im öffentlichen Tiefbau gab es einen Orderzugang über ca. 3 Mrd. €, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um ca. 800 Mio. € (+35%). Hier schlägt sich offensichtlich die Vergabe des bisher größten ÖPP-Projektes zum fünfjährigen Ausbau und 30- jährigen Betrieb der A3 zwischen Erlangen und Biebelried nieder.“
Laut ZDB ist das angesprochene Projekt der Bauindustrie derzeit im Bundeshaushalt mit einem Investitionsvolumen von insgesamt ca. 2,1 Mrd. Euro veranschlagt.
„Die Vergabe derartiger Aufträge ist für die Auftragslage im Straßenbau für die Masse der hier tätigen mittelständischen Bauunternehmen nicht repräsentativ. An der Ausschreibung von ÖPP-Projekten beteiligen sich angesichts der hohen Auftragsvolumina und langen Laufzeiten nur wenige große Bauunternehmen in Konsortien. Ein derartiger Orderzugang spiegelt wegen der langen Bauzeit auch nicht die Umsatzentwicklung der nächsten Monate wieder“ so Pakleppa weiter.
Umsätze im Tiefbau und Wirtschaftsbau sehr unterschiedlich
„Hinzu kommt, dass, wie befürchtet, im Wirtschaftsbau nach wie vor deutlich weniger Aufträge an den Markt kommen. Nach dem Rückgang im Vormonat über 22 %, sind es nun noch einmal ca. -8 %. Ohne die Einrechnung der Vergabe des ÖPP-Projektes, wären die Order im Bauhauptgewerbe insgesamt im Juni nicht um ca. 9 % gestiegen, sondern etwa nur auf Vorjahresniveau verblieben,“ erläutert der Hauptgeschäftsführer des größten Branchenverbandes der Bauwirtschaft.
Die Bauunternehmen konnten nach den Daten des Statistischen Bundesamtes im Juni den Umsatz gegenüber dem Vorjahr um ca. 12% erhöhen. „Hier schlagen sich die hohen Auftragsbestände vom Jahresbeginn immer noch nieder. Diese werden nun sukzessive abgebaut. Neue Aufträge kommen aber nicht im selben Umfang auf den Markt. Die fehlenden Aufträge von heute bedeuten einen Umsatzrückgang in Zukunft.“ erklärte Pakleppa abschließend.
Quelle: ZDB, 8/2020 / Fotos: Angelika Albrecht