Lisa hängt in den Armen von zwei Männern. Das ist ja nun per se nicht unangenehm. Allerdings ist sie in Folie und Klebeband gewickelt und wird gerade in den Keller getragen. Sie kann nicht reden. Wenn sie könnte, würde sie „Vorsicht!“ schreien. Sie hatte genau gehört, dass die Männer vorhin gesagt hatten, sie solle keine Schrammen bekommen. „Vorsicht!“, sagt Bruno, der größere der beiden Männer, „Hier geht es um die Kurve!“
Den Namen Lisa hat sie sich selbst gegeben. Sie war es leid, immer nur „das neue Modell“ oder „der Neue“ genannt zu werden. Wo sie doch eine Frau war. Zumindest dachte sie, dass sie eine Frau sei. So genau wusste sie das nämlich nicht. Schließlich war das bei Tankbehältern nicht so einfach festzustellen. Sicher war sie eine Frau, eine feine Dame sogar. Sie roch nämlich nicht. Das bestätigten mehrere Aufkleber. Sie war stolz darauf, ein Heizöltank zu sein, sie war „die neue Generation“. Sie freute sich auf ihre neue Umgebung. Dort wo sie vorher war, im Lager, war es langweilig. Sie waren sich alle zu ähnlich. Gut, einige waren größer, einige kleiner. Und alle hatten sie die gleichen Qualitäts-Aufkleber. Die einzige Abwechslung waren die An- und Abtransporte.
Bruno und Karl stellen ihre Last ab und schieben sie vorsichtig in die Ecke. Schön ist es hier unten, findet Lisa, mit den weißen Wänden und den weiß-beigen Fliesen. Aber es muffelt. Sie schaut sich um. Da sieht sie auch den Urheber des Gestanks. Nur wenige Schritte entfernt steht er, ein alter Tank. Es ist ein älterer Herr, er röchelt und pfeift ein wenig und dünstet aus.
„Sind sie schon länger hier?“, fragt sie vorsichtig. – „Hä?“ – „Schwerhörig ist er auch noch“, seufzt Lisa und schaut ihn mitleidig an. „Sind Sie…“, setzt sie erneut und etwas lauter an. – „Ja, ich stehe hier schon 40 Jahre… Ja, meine Schöne…., hören Sie Lady, eigentlich müsste ich auf Sie böse sein. Aber ehrlich gesagt, ich bin müde geworden im Laufe der Jahre. Ich mag nicht mehr, schon lange nicht. Mit mir geht es zu Ende. Jetzt hatten sie endlich ein Einsehen. Die da oben.“
„Schade“, sagt Lisa. „Ich unterhalte mich gerne. Wie verstehen Sie sich denn mit den andern?“
Der alte Herr klimpert noch ein wenig mit seinen Deckeln. „Guut. … Machen Sie es guuuut. Für mich wird es ….” Und dann greifen vier starke Arme fest zu und tragen ihn weg.